Zum Strafantragsrecht gegen Hausbesetzer

Das Bundesgericht präzisiert seine Rechtsprechung zum Strafantragsrecht gegen Hausbesetzer (Art. 186 StGB) in dem Sinn, dass auch der Eigentümer antragsberechtigt sein muss, wenn an den besetzten Räumlichkeiten kein Mietverhältnis mehr besteht. Daran ändert nichts, wenn der ehemalige Mieter das Mietobjekt noch nicht geräumt hat (BGE 6B_20/2020 vom 31.08.2020, Publikation in der AS vorgesehen)..

Das Bundesgericht hielt in den Regesten zu BGE 118 IV 167 E. 3b fest, dass der Grundsatz der Subsidiarität des Strafrechts bei fehlenden vertraglichen Beziehungen zwischen dem Täter und dem Geschädigten nicht anwendbar ist. Zugunsten der Beschwerdeführer kann dieser Grundsatz ebenfalls nicht zur Anwendung gelangen. Zwar lagen dem genannten Entscheid in sachverhaltlicher Hinsicht keine vermieteten Unterkünfte zugrunde. Zwischen der C. AG und der D. GmbH bestand zum Tatzeitpunkt laut vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung aber gleicherweise kein Mietverhältnis mehr. Weshalb sich ein Mietvertrag über dessen Beendigung hinaus auf das Strafantragsrecht des Eigentümers gegenüber Dritten auswirken soll, ist nicht ersichtlich. Bei fehlendem Vertragsverhältnis können Eigentümer bloss auf ausservertragliche Ansprüche zurückgreifen. Dafür, dass solche stets denkbaren zivilrechtlichen Möglichkeiten den strafrechtlichen Schutz aufheben sollten, bestehen keine stichhaltigen Gründe. Wäre auch bei bloss ausservertraglichen Ansprüchen von rein zivilrechtlichen Streitigkeiten und daraus resultierend von der Subsidiarität des Strafrechts auszugehen, würde dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Straftatbestand des Hausfriedensbruchs nach Art. 186 StGB jegliche Grundlage entzogen (vgl. bereits BGE 118 IV 167 E. 3b S. 174). Die unterbliebene Räumung des Mietobjekts trotz Beendigung des Mietverhältnisses steht dem Strafantragsrecht der Eigentümerin ebenso wenig entgegen. Ein Eigentümer kann seine Verfügungsgewalt über die geschützten Räume als Vermieter im Rahmen der Vertragsfreiheit und zweiseitigen Rechtsbeziehung mit einem Mieter zwar vertraglich beschränken. Er tut dies jedoch bloss diesem gegenüber. Als Eigentümer hat er indessen nicht bloss obligatorische Rechte gegenüber bestimmten Personen, sondern ein dingliches Recht, das als absolutes Recht gegenüber jedermann wirkt (vgl. Art. 641 ZGB). Der Tatbestand des Hausfriedensbruchs soll lediglich die Durchsetzung der zivilrechtlichen Ansprüche eines Vermieters nicht erleichtern. Gegenüber Drittpersonen stehen einem geschädigten Vermieter vertragliche Ansprüche aber gerade nicht zur Verfügung, weshalb es ihm auf diese bezogen unbenommen bleibt, nach Beendigung des Mietverhältnisses und bei fehlender Räumung der Mietsache durch den früheren Mieter – welcher die Mietsache physisch bereits verlassen hat – gegenüber dem Dritten auf die Strafbestimmung nach Art. 186 StGB zurückzugreifen. Mit anderen Worten findet der Grundsatz der Subsidiarität des Strafrechts gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung einzig im Verhältnis zwischen Vermietern und deren aktuellen oder früheren Mietern Anwendung, gegenüber Dritten ohne ein vom originären Mietverhältnis gedecktes Gebrauchsrecht hingegen nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob die geschützten Räume nach einem beendeten Mietverhältnis geräumt werden. Im Ergebnis war die C. AG berechtigt, Strafantrag gegen die Beschwerdeführer wegen Hausfriedensbruchs bezüglich jener Räume zu stellen, welche diese dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt zufolge bis zum 31. Dezember 2017 der D. GmbH vermietet hatte und Letztere trotz Beendigung des Mietverhältnisses zum Tatzeitpunkt am 12. Februar 2018 weiterhin nutzte (E. 2.4). 

Alles andere wäre in der Tat schwer fassbar.