Ausstand des Staatsanwalts

Dass Beschwerden an das Bundesgericht mit Risiken verbunden ist, wissen Anwälte nur allzu gut. Staatsanwälte können das etwas lockerer sehen, zumal sie kein Kostenrisiko tragen. Muss sich eine Staatsanwaltschaft aber vom eigenen Obergericht (TG) schwerste Vorwürfe anhören, ist es vielleicht nicht ratsam, auf Kosten des Kantons das Bundesgericht anzurufen und damit die eigenen Verfehlungen auch noch öffentlich zu machen.

Ein solches  Beispiel zeigt ein diese Woche publiziertes Urteil des Bundesgerichts (BGer 1B_396/2017 vom 21.03.2018):

Die Beschwerdeführerin führte gegen den Beschwerdegegner und B. ein getrenntes Verfahren, obwohl sie die Vorinstanz ausdrücklich auf die Notwendigkeit eines einheitlichen Verfahrens gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. b StPO aufmerksam gemacht hatte. Eine Trennungsverfügung erliess die Beschwerdeführerin überdies nie. Der Beschwerdegegner erhielt vom abgetrennten Verfahren gegen B. erst Kenntnis, nachdem das Bezirksgericht diesen im abgekürzten Verfahren bereits zu einer Freiheitsstrafe verurteilt hatte. Die Vorinstanz erklärte mit Entscheid vom 9. Februar 2017 (Beschwerdebeilage) die Anklageschrift und das Urteil des Bezirksgerichts im abgekürzten Verfahren gegen B. als nichtig, was das Bundesgericht in einem vergleichbaren Fall als bundesrechtmässig erachtet hat (Urteil 1B_11/2016 vom 23. Mai 2016 E. 3). Die Beschwerdeführerin verweigerte dem Beschwerdegegner zudem die Stellung als Privatkläger, ohne dazu eine (anfechtbare) Verfügung erlassen zu haben. Die Vorinstanz kommt im Entscheid vom 9. Februar 2017 (S. 12 ff.) zum Schluss, die Beschwerdeführerin habe schwerwiegende Verfahrensfehler begangen. Dem ist beizupflichten. Zwar hat Staatsanwalt Brun die Verfahrensfehler nicht zu verantworten, da sie ein anderer Staatsanwalt begangen hat, von dem Staatsanwalt Brun das Verfahren übernommen hat. Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid (E. 2d S. 10) zutreffend erwägt, verteidigte jedoch Staatsanwalt Brun in der Beschwerdeantwort vom 25. November 2016 an die Vorinstanz (Beschwerdebeilage) vehement das fehlerhafte Vorgehen der Beschwerdeführerin, und dies in teilweise unsachlicher Weise gegenüber dem Verteidiger des Beschwerdegegners. So bezeichnete Staatsanwalt Brun zutreffende Darlegungen des Verteidigers als “aktenwidrig” bzw. “schlichtweg dreist” (Beschwerdeantwort S. 2/3 Ziff. 2b; dazu Urteil der Vorinstanz vom 9. Februar 2017 E. 3c/dd S. 12/13). Wenn die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid (E. 2d S. 10) zum Schluss kommt, damit habe sich Staatsanwalt Brun die krassen Verfahrensfehler seines Vorgängers zu eigen gemacht und dadurch den Anschein der Voreingenommenheit erweckt, hält das vor Bundesrecht stand (E 2.2, Hervorhebungen durch mich).