Höchstgerichtliche Mutmassungen

Nach Art. 246 Abs. 1 StPO dürfen Informationsträger durchsucht werden, wenn zu vermuten ist, dass sich darin Informationen befinden, die der Beschlagnahme unterliegen. Daraus ist zu schliessen, dass eine solche Vermutung, welche das Gesetz voraussetzt, hinreichend zu begründen ist. Im Kanton SH hat eine Zwangsmassnahmenrichterin eine Durchsuchung verweigert, weil sie diese Vermutung als unbegründet erachtet hat. Das Bundesgericht korrigiert, indem es die “Beweislast” umkehrt (BGer 1B_185/2022 vom 22.02.2022):

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang die Argumentation der Vorinstanz, die Beteiligten hätten den Abend zusammen verbracht, weshalb ohnehin keine Absprache notwendig gewesen wäre, und die Fahrt bzw. ein allfälliges Rennen zwischen den beteiligten Fahrzeugen sei nicht geplant gewesen, sondern habe sich allenfalls aus der Situation heraus ergeben. Dabei handelt es sich um reine Mutmassungen. Selbst wenn diese zuträfen, würden sie nicht ausschliessen, dass sich die Fahrer unter Umständen noch während oder kurz vor der Fahrt gegenseitig zu einem Rennen animiert und dieses womöglich gefilmt haben könnten. Die Annahme der Staatsanwaltschaft, auf dem Mobiltelefon befänden sich daher mutmasslich deliktsrelevante Beweismittel, erscheint folglich nachvollziehbar (E. 2.4, Hervorhebungen durch mich). 

Das mag ja zutreffen, aber wieso ist denn die Annahme der Vorinstanz nicht ebenso nachvollziehbar? Die Begründung des Bundesgerichts ist übrigens auch deshalb nicht schlüssig, weil sie einen Massstab ansetzt, der dem Gesetzestext und seiner Schutzfunktion widerspricht. Nach dem bundesgerichtlichen Massstab darf im Ergebnis immer alles durchsucht werden, denn es kann nie ausgeschlossen werden, dass sich Informationen finden lassen, die der Beschlagnahme unterliegen. Die Vermutung hat die durchsuchende Behörde zu begründen und nicht der Inhaber der Aufzeichnungen zu widerlegen.