Kantonale Gerichte mit merkwürdiger Rechtsprechung

In den letzten Tagen sind mir vier Urteile des Bundesgerichts aufgefallen, mit welchen Urteile aus den Kantonen BE, BS, AG, ZH kassiert wurden, und zwar wegen eher erstaunlichen Rechtsfehlern.

Folgende Rechtsanwendungsfehler erscheinen mir schwer verständlich:

ZMG Bern – BGer 1B_167/2918 vom 31.05.2018:

Die Gehörsverletzung ist offensichtlich und wiegt schwer, womit eine Heilung ausgeschlossen ist (E. 2).

Appellationsgericht BS: BGer 1B_249/2018 vom 05.06.2018:

Damit verletzte das Appellationsgericht das Replikrecht des Beschwerdeführers. Eine Heilung dieses Verfahrensmangels im bundesgerichtlichen Verfahren fällt nur schon deshalb ausser Betracht, weil das Bundesgericht jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht nicht über volle Kognition verfügt (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG) und tatsächliche Gesichtspunkte hier massgeblich sein könnten (E. 4.3).

Obergericht AG – BGer 6B_1101/2017 vom 30.05.2018:

Die Begründung ist insbesondere mangelhaft, wenn der angefochtene Entscheid jene tatsächlichen Feststellungen nicht trifft, die zur Überprüfung des eidgenössischen Rechts notwendig sind oder wenn die rechtliche Begründung des angefochtenen Entscheids so lückenhaft oder unvollständig ist, dass nicht geprüft werden kann, wie das eidgenössische Recht angewendet wurde. Die Begründung ist ferner mangelhaft, wenn einzelne Tatbestandsmerkmale, die für die Subsumtion unter eine gesetzliche Norm von Bedeutung sind, von der Vorinstanz nicht oder nicht genügend abgeklärt wurden (…)  [E. 5.4.4].

Obergericht ZH – BGer 6B_748/2017 vom 30.05.2018 (Fünferbesetzung): Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Bezug auf jede einzelne Rüge gut und kassiert die Verurteilung wegen

  • Mehrfacher Verletzung des Anklageprinzips (E. 2.4.3, E. 2.5.2, E. 3.3, E. 4.3) und
  • bundesrechtswidriger Anwendung von Art. 146 StGB (Arglist durch schriftliche Lüge, E. 1.5)