Nachgeschobene Siegelungsgründe
Entgegen einem Teil der Lehre stellt das Bundesgericht klar, dass man im Entsiegelungsverfahren nicht an die anlässlich der Siegelung geltend gemachten Gründe gebunden ist (BGer 7B_272/2025 vom 20.11.2025):
Sinn und Zweck der Siegelung ist es, dass die Strafverfolgungsbehörden keine Kenntnis von Aufzeichnungen und Gegenständen erhalten können, solange das zuständige Gericht nicht über die Zulässigkeit ihrer Durchsuchung durch die Strafverfolgungsbehörden entschieden hat (vgl. Urteile 7B_901/2024 vom 9. Dezember 2024 E. 1.3.2; 7B_127/2022 vom 5. April 2024 E. 3.3; je mit Hinweis). Dementsprechend muss die betroffene Person die Siegelung schnell und einfach verlangen können, denn eine übertriebene prozessuale Strenge bei der Handhabung formeller Anforderungen für die Siegelung würde den im Gesetz vorgesehenen Rechtsschutz von betroffenen Personen gegenüber strafprozessualen Zwangsmassnahmen aushöhlen (vgl. Urteile 7B_732/2024 vom 25. September 2024 E. 3.1; 7B_22/2024 vom 9. April 2024 E. 3.2; je mit Hinweisen). Der Siegelungsantrag ist denn auch an keine besondere Form gebunden (vgl. Art. 248 Abs. 1 StPO).
Vor diesem Hintergrund kann der Begründung des Siegelungsgesuchs grundsätzlich keine Bindungswirkung zukommen. Bemerkt eine siegelungsberechtigte Person nach erfolgter Siegelung, dass die gesiegelten Aufzeichnungen und Gegenständen auch anderen als den geltend gemachten Beschlagnahmeverboten unterliegen, darf sie dies vielmehr auch noch im Entsiegelungsverfahren vorbringen (E. 4.3, Hervorhebung durch mich).