Nochmals zur bedingten Entlassung aus der Verwahrung

Das Bundesgericht begründet den hier bereits vermerkten, öffentlich verhandelten Entscheid, mit dem die Vorinstanzen die bedingte Entlassung aus der Verwahrung verweigern, obwohl gemäss den eingeholten Gutachten keine hinreichende Gefahr der Begehung einer Katalogtat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB bestand (BGer 6B_232/2011 vom 17.11.2011). Das Bundesgericht wirft der Vorinstanz vor, die Gutachten gleich mehrfach und in unzulässiger Weise umzuinterpretieren:

Wie sich aus diesen Ausführungen ergibt, war die Einschätzung der Amtsgerichtspräsidentin keineswegs vorläufig und unpräjudiziell. Vielmehr spricht sie von ihrer Überzeugung, an der sich nichts mehr ändern werde, sowie davon, dass ihr der Fall offensichtlich erscheine und das Plädoyer noch bei der Strafzumessung wesentlich sein könne, womit sich durch Umkehrschluss ergibt, dass es ihrer Ansicht nach im Übrigen belanglos sei. Die Amtsgerichtspräsidentin hat sich damit in Bezug auf die Beweislage und die rechtliche Würdigung verfrüht festgelegt. Zwar ist es unvermeidlich und nicht zu beanstanden, dass sich der Richter eine vorläufige Meinung bildet. Er muss aber für die Argumente der Verteidigung im Plädoyer offen bleiben und prüfen, ob diese geeignet sind, seine vorläufige Meinung umzustossen. Gemäss Art. 346 StPO hat namentlich die beschuldigte Person oder ihre Verteidigung nach Abschluss des Beweisverfahrens das Recht auf einen Parteivortrag. Dieses ist Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO). Der Parteivortrag bildet geradezu das Kernstück des rechtlichen Gehörs. Zu Recht ist im Schrifttum insoweit von einem “temps fort du droit d’être endendu” die Rede (OLIVIER JORNOT, in: Code de procédure pénale suisse, Commentaire Romand, 2011, N. 33 zu Art. 346 StPO). Erst nach den Parteivorträgen (und dem Schlusswort des Beschuldigten) erklärt die Verfahrensleitung die Parteiverhandlung als geschlossen (Art. 347 Abs. 2 StPO) und ergeht das Urteil (Art. 348 ff. StPO). Dieses darf nicht bereits vorher feststehen (E. 3.1.3).

Die Erwägungen des Bundesgerichts lassen den Verdacht begründen, der Vorderrichter habe sich über die Expertise der Gutachter hinweggesetzt, weil ihm die Schlussfolgerungen nicht passten. Das käme einer Bankrotterklärung der Justiz gleich.

Nicht beanstandet hat das Bundesgericht die Verfahrensdauer (über drei Monate bis zum Entscheid der Vollzugsbehörde):

Einerseits bedurfte das umfangreiche psychiatrische Gutachten einer eingehenden Prüfung. Andererseits hat die Behörde bei der Strafanstalt Pöschwies einen Vollzugsbericht eingeholt, eine Risikoabklärung durch die Abteilung für Forensisch-Psychologische Abklärungen der Bewährungs- und Vollzugsdienste veranlasst, die am 1. August eintraf, und den Beschwerdeführer am 13. August angehört. Insgesamt liegt die Verfahrensdauer im Grenzbereich des Zulässigen. Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots liegt indes noch nicht vor. Dies gilt auch für die gesamte Dauer des Verfahrens (E. 4.4).

Zudem ruft das Bundesgericht in Erinnerung,

dass das als überlang gerügte Verfahren die Prüfung von Amtes wegen und nicht ein Haftentlassungsgesuch nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK betrifft. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung besteht bei rechtskräftiger gerichtlicher Verurteilung und Anordnung einer stationären Massnahme kein Anspruch auf jederzeitige Anrufung des Haftrichters (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_796/2009 vom 25. Januar 2010 E. 3.4 mit Hinweis) (E. 4.4).

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