Rayon- und Kontaktverbot: EMRK nicht anwendbar

Nach einem neuen Urteil des Bundesgerichts (BGer 1C_407/2007 vom 31.01.2008, BGE-Publikation vorgesehen) sind die Verfahrensgarantien von Art. 5 EMRK auf Rayon- und Kontaktverbote nach dem zürcherischen Gewaltschutzgesetz (GSG) nicht anwendbar. Die Anordnung von Gewaltschutzmassnahmen fällt auch nicht unter den Begriff der “strafrechtlichen Anklage” nach Art. 6 EMRK.

Zur Anwendbarkeit von Art. 5 EMRK:

Vorliegend wurde der Beschwerdeführer durch die Auferlegung eines Rayon- und Kontaktverbots in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt. Es wird ihm untersagt, bestimmte Orte aufzusuchen und mit der Beschwerdegegnerin Kontakte zu pflegen. Diese Massnahmen sind aber nicht dermassen einschneidend, dass von einer Freiheitsentziehung im oben dargestellten Sinn gesprochen werden könnte. Abgesehen von einem relativ eng begrenzten Gebiet im Umkreis der Wohnung der Beschwerdegegnerin kann er seinen Aufenthaltsort frei wählen, seinen Alltag frei gestalten und ist dabei keinen Kontrollen unterworfen. Diese Art der Freiheitsbeschränkung ist in ihrem Ausmass und in ihrer Intensität nicht vergleichbar mit einer Festhaltung an einem bestimmten Ort (vgl. ebenso die regierungsrätliche Weisung, a.a.O., S. 773). Das Rayon- und Kontaktverbot fällt daher nicht unter den Begriff “Freiheitsentziehung” von Art. 5 EMRK und Art. 31 BV. Die in diesen Bestimmungen enthaltenen Garantien können vorliegend nicht angerufen werden (E. 3.3).

Zur Anwendbarkeit von Art. 6 EMRK:

Die genannten Gewaltschutzmassnahmen sind in ihrer Zielsetzung nicht darauf ausgerichtet, die gewaltausübende Person zu bestrafen, sondern eine konkrete Person in einer bestimmten Gewaltsituation zu schützen (vgl. § 2 Abs. 1 GSG/ZH). Auch die Konsequenzen für die gefährdende Person – die Pflicht zur Einhaltung eines rechtlich gebotenen Verhaltens – sind nicht mit denjenigen einer strafrechtlichen Sanktion vergleichbar.

Die Auferlegung von Gewaltschutzmassnahmen fällt demnach nicht unter den Begriff “strafrechtliche Anklage” im Sinn von Art. 6 EMRK, und es können die spezifischen Garantien im Strafverfahren (Art. 6 Ziff. 2 und 3 EMRK, Art. 32 BV) nicht angerufen werden (E. 4.3).

Im Weiteren rügte der Beschwerdeführer, vor dem Entscheid nicht mündlich angehört worden zu sein (Art. 29 Abs. 2 BV). Das Bundesgericht stellt dazu unter Hinweis auf seine bisherigen Rechtsprechung fest, dass Art. 29 Abs. 2 BV keinen Anspruch auf mündliche Anhörung gewährleiste:

Indessen räumt Art. 29 Abs. 2 BV – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – keinen Anspruch auf eine mündliche Anhörung ein (BGE 130 II 425 E. 2.1 S. 428 f.). Auch steht die Verfassungsgarantie einer vorweggenommenen Beweiswürdigung nicht entgegen. Das Gericht kann auf die Abnahme von Beweisen verzichten, wenn es aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür annehmen kann, seine Überzeugung werde durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 131 I 153 E. 3 S. 157) (E. 5.3).

Die Beweiswürdigung der Vorinstanz qualifiziert das Bundesgericht als nicht willkürlich und weist auch eine gerügte Verletzung der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) als unbegründet ab:

Der Beschwerdeführer macht überdies eine Verletzung der Rechtsweggarantie geltend, weil das Zürcher Gewaltschutzgesetz entgegen Art. 86 Abs. 2 BGG als Vorinstanz des Bundesgerichts nicht ein oberes kantonales Gericht einsetzt. Er verkennt, dass den Kantonen gestützt auf Art. 130 Abs. 3 BGG zum Erlass der Bestimmungen über die Zuständigkeit, die Organisation und das Verfahren der Vorinstanzen im Sinne von Art. 86 Abs. 2 BGG, einschliesslich der Bestimmungen zur Gewährleistung der Rechtsweggarantie nach Art. 29a BV, zwei Jahre ab Inkrafttreten des Bundesgerichtsgesetzes am 1. Januar 2007 zur Verfügung stehen. Eine Verletzung von Art. 86 Abs. 2 BGG ist damit auszuschliessen (E. 7).