Update: Berufsgeheimnis für Unternehmensjuristen

Das Bundesgericht weist die Beschwerde gegen einen Entsiegelungsentscheid des Bundesstrafgerichts (s. meinen früheren Beitrag) ab, soweit es überhaupt eintritt (1B_101/2008 vom 28.10.2008).

Das Bundesgericht sieht in den Hausdurchsuchungen keine Verletzung von Verfassungsrecht (Schutz der Privatsphäre nach Art. 13 BV und Art. 8 EMRK). Es qualifiziert die Durchsuchungen nicht wie gerügt als zweckuntauglich und damit als verhältnismässig. Auch eine Verletzung von Art. 50 Abs. 1 VStrR erkennt das Bundesgericht nicht:

Zur Frage des Berufsgeheimnisses für Unternehmensjuristen trugen die Beschwerdeführerinnen vor,

die Vorinstanz habe Art. 10, 13 und 29 Abs. 2 BV, Art. 6 und 8 EMRK sowie Art. 50 Abs. 2 VStrR in Verbindung mit Art. 321 StGB verletzt, indem sie es abgelehnt habe, die anwaltlichen Beweismittel der Unternehmensanwälte C., D. und E. aus den Verfahrensakten auszusondern. Eine solche Aussonderung sei geboten, weil das Anwaltsgeheimnis einer Durchsuchung dieser Beweismittel entgegenstehe. Es bestehe keine gesetzliche Grundlage für einen Eingriff in die genannten Grundrechte, wenn – wie hier – das Anwaltsgeheimnis zu beachten sei. Dieses sei entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht nur auf unabhängige freiberufliche Anwälte anwendbar, sondern auch auf Unternehmensanwälte.

Das Bundesgericht lässt die Frage nach einem Berufsgeheimnis für Unternehmensjuristen offen, allerdings mit einer Begründung, die trotz Verweises auf die frühere Rechtsprechung nicht zu überzeugen vermag:

Nach der Rechtsprechung kann der Anwalt nur verpflichtet sein, Geheimnisse zu wahren, die ihm vom Klienten anvertraut worden sind. Das Anwaltsgeheimnis erstreckt sich folglich nur auf Unterlagen und Auskünfte, über die der Anwalt Gewahrsam erlangt hat oder die ihm ohne seinen Willen abhanden gekommen sind. Das Anwaltsgeheimnis erstreckt sich dagegen nicht auf Unterlagen, die der Klient in seinem Besitz behalten oder Dritten übergeben hat (Urteil 1P.163/1993 vom 18. Oktober 1993 E. 3.c; vgl. auch BGE 117 Ia 341 E. 6c S. 350 f.). Das Anwaltsgeheimnis gilt ebenso wenig für die Korrespondenz des Anwalts mit dem Auftraggeber, soweit sie sich bei Letzterem befindet (BGE 114 III 105 E. 3b S. 108; Urteil 8G.35/1999 vom 22. September 1999 E. 6d). Das Anwaltsgeheimnis des Unternehmensanwalts könnte jedenfalls nicht weitergehen (E. 4.4.1).
Gelöst hat das Bundesgericht den Fall aber eigentlich über den Sachverhalt:
Die Beschwerdegegnerin hat die Räumlichkeiten der Unternehmensanwälte C., D. und E. unstreitig nicht durchsucht und bei diesen nichts beschlagnahmt. Bei den sichergestellten Unterlagen und Datenträgern handelt es sich demnach nicht um Geheimnisse, welche den Unternehmensanwälten anvertraut worden wären und diese damit nicht offenbaren dürften (E. 4.4.2).