Verluderung des Prozessrechts?

Wer denkt, diese Frage sei für die Schweiz definitiv zu verneinen, dem sei ein neuer Entscheid des Bundesgerichts zur Lektüre empfohlen (BGer 6B_783/2017 vom 12.03.2018). Darin befasst sich das Bundesgericht bereits zum zweiten Mal (vgl. BGer 6B_1262/2015 vom 18.04.2016) mit einer eher übersichtlichen Strafsache, die das Bundesstrafgericht aber ganz offensichtlich überfordert.

So lud der Einzelrichter des Bundesstrafgerichts trotz Rückzugs einer Einsprache gegen einen Strafbefehl zur Hauptverhandlung vor und “erläuterte” den Strafbefehl der Bundesanwaltschaft dahingehend, als er eine Ersatzforderung nicht beim Beschuldigten, sondern bei einer Dritten einzog:

Zuständig für eine Erläuterung wäre gemäss Art. 83 Abs. 1 StPO die Behörde, welche den Entscheid gefällt hat, mithin die Bundesanwaltschaft. Die angefochtene Verfügung ist daher mangels funktionaler Zuständigkeit der Vorinstanz, soweit sie über eine blosse Abschreibungsverfügung hinausgeht, nichtig (BGE 138 II 501 E. 3.1, mit Hinweisen). Die Auffassung der Vorinstanz, wonach die Berichtigung oder Erläuterung ausnahmsweise vom Gericht anstelle der Bundesanwaltschaft vorgenommen werden könne, sofern sie mit deren Einverständnis erfolge (angefochtene Verfügung S. 6), geht im zu beurteilenden Fall an der Sache vorbei. Das – mutmassliche – Einverständnis der entscheidenden Behörde, das sich hier lediglich darin ausdrückt, dass die Bundesanwaltschaft Ziff. 5 des Dispositivs des bundesstrafgerichtlichen Urteils vom 25. September 2015 nicht angefochten hat (angefochtene Verfügung S. 7/8), vermag eine offensichtlich fehlende Zuständigkeit nicht zu begründen. Ob die Voraussetzungen für eine Erläuterung in der Sache erfüllt sind, das Dispositiv des Strafbefehls mithin unklar, widersprüchlich oder unvollständig ist, oder mit der Begründung im Widerspruch steht (Beschwerde S. 13 f.), kann hier deshalb offenbleiben. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Festsetzung einer Ersatzforderung zulasten der Beschwerdeführerin anstelle der Einziehung beim Beschuldigten X. weniger um eine Erläuterung als um eine materielle Abänderung des Entscheids handelt (Beschwerde S. 14) [E. 3.3.2].

Am besten lese man aber gleich beide Entscheide ganz durch und staune.