Verwertbarkeit von präventiv-polizeilich erhobenen Beweismitteln

Präventiv von der Polizei in einem (privaten) Fussballstadion erstellte Aufnahmen können in einem Strafprozess, der als Folge von Ausschreitungen nach dem Spiel eingeleitet wurde, als Beweismittel verwendet werden (BGer 6B_1061/2020 vom 26.10.2022, Fünferbesetzung).

Der Beschwerdeführer war an den Ausschreitungen nach dem Spiel beteiligt. Die Ausschreitungen hat die Polizei gefilmt. Identifiziert wurde der Beschwerdeführer anhand der polizeilichen Aufnahmen, die zuvor im Stadion gemacht worden waren. Im Strafprozess machte er geltend, die präventivpolizeilichen Aufnahmen im Stadion seien im Strafverfahren absolut unverwertbar. Es bestehe mit Art. 58 Abs. 1 PolG/BS keine hinreichende gesetzliche Grundlage für Aufnahmen im Stadion. Es gebe insbesondere keine kantonale Kompetenz, strafprozessuale Normen zu erlassen. (Art. 49 Abs. 1 BV).

Das Bundesgericht widerspricht und lässt es genügen, dass die polizeiliche Norm auch präventiven Charakter habe, womit der Kanton (und nur der Kanton) zuständig sei. Wieso absolute Unverwertbarkeit geltend gemacht wurde, verstehe ich nicht und die Schlussfolgerung des Bundesgerichts halte ich für falsch (und zudem für irrelevant).

Das Bundesgericht hält sich im Entscheid etliche rechtliche Hintertürchen offen, indem es dem Beschwerdeführer vorwirft, seine Rügen nicht hinreichend begründet zu haben, womit eine abschliessende Beurteilung nicht erfolgen müsse. Damit hat das Bundesgericht gleich begründet, warum der Entscheid nicht als Grundsatzentscheid in die amtliche Sammlung aufzunehmen ist, obwohl es sich ausserordentlich viel Zeit nahm für die Beurteilung der angeblich doch ungenügend begründeten Beschwerde.

Zur alles entscheidenden Beweisverwertungsfrage führt das Bundesgericht im Ergebnis folgendes aus:

Soweit es um die Verwertung von Beweisen geht, die im Rahmen präventiv-polizeilicher Tätigkeit rechtmässig erhoben wurden, ist mit der bisherigen Rechtsprechung und einem gewichtigen Teil der Lehre davon auszugehen, dass diese grundsätzlich in einem Strafverfahren verwertet werden dürfen. Waren die Voraussetzungen für ein präventives polizeiliches Handeln wie vorliegend erfüllt und soll die strafprozessuale Verwertbarkeit von solchen Beweisen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, kann es keine Rolle spielen, dass definitionsgemäss kein hinreichender Verdacht auf eine Straftat vorgelegen hat (vgl. WOHLERS, Verwertbarkeit, a.a.O., S. 62). Allerdings dürfen solche legalen präventiv-polizeilichen Massnahmen nicht zu einer unerlaubten Beweisausforschung führen oder dazu dienen, die strafprozessualen Regeln und Grenzen der Beweiserhebung zu umgehen (vgl. BGE 146 I 16 E. 4.1). Davon kann vorliegend keine Rede sein. Die Polizei könnte gestützt auf Art. 282 StPO Videoaufzeichnungen während bis zu einem Monat an allen öffentlich zugänglichen Orten anfertigen, ohne dass sie einer Genehmigung der Staatsanwaltschaft bedürfte. Die Anordnung wäre bei Vergehen (vgl. Art. 10 Abs. 3 StGB) wie dem Landfriedensbruch (Art. 260 StGB) oder der Gewalt und Drohung gegen Beamte (Art. 285 StGB) möglich. Die Aufnahmen nach basel-städtischem Polizeirecht sind dagegen nur im zeitlich beschränkten Rahmen während öffentlichen Veranstaltungen und bei konkret drohenden Straftaten zulässig (E. 1.7.5).  

Mich überzeugt das alles nicht und der Hinweis auf die (strafprozessuale) Observation (Art. 282 StPO) ist sogar völlig unverständlich, zumal die Observation einen vorbestehenden Tatverdacht voraussetzt und zwar auch dann, wenn sie von der Polizei angeordnet wird.