Wiederherstellung einer Frist nur nach rechtsgültiger Zustellung

Eine Frist kann nur dann wiederhergestellt werden, wenn sie überhaupt zu laufen begonnen hat. Dies ist nicht der Fall, wenn ein Strafbefehl gar nicht zugestellt wurde (die Beschuldigte hatte geheiratet und hiess nicht mehr gleich wie bei der Eröffnung des Verfahrens).

Was eigentlich als selbstverständlich gilt, musste das Bundesgericht in einem Grundsatzentscheid feststellen (BGE 6B_175/2016 vom 02.05.2016, Publikation in der AS vorgesehen):

Ein nicht rechtsgültig zugestellter Entscheid entfaltet indessen keine Rechtswirkung; Fristen werden nicht ausgelöst. Einem Betroffenen kann folglich auch nicht vorgehalten werden, er habe eine Frist verpasst. Eine Wiederherstellung zufolge versäumter Fristen im Sinne von Art. 94 StPO fällt insoweit ausser Betracht. Denn von der Möglichkeit zur Ergreifung eines Rechtsmittels oder eines Rechtsbehelfs kann selbstredend nur Gebrauch machen, wer einen Entscheid tatsächlich oder kraft Fiktion rechtsgültig erhalten hat (Urteile 6B_704/2015 vom 16. Februar 2016 E. 2.4; 6B_1155/2014 vom 19. August 2015 E. 2).
Die Frage nach der Wiederherstellung einer Frist zur Einsprache gegen einen Strafbefehl stellt sich mithin nur, wenn die Frist versäumt wurde. Dies setzt voraus, dass die Einsprachefrist gelaufen ist. Dies wiederum setzt voraus, dass der Strafbefehl rechtsgültig tatsächlich oder fiktiv zugestellt wurde. Gleichwohl ist die Frage der rechtsgültigen Zustellung nicht von der Staatsanwaltschaft gleichsam als Vorfrage im Verfahren der Wiederherstellung gemäss Art. 94 StPO zu beurteilen, sondern vom erstinstanzlichen Gericht im Verfahren der Einsprache gemäss Art. 356 Abs. 2 StPO zu entscheiden (E. 2.4).

Das Bundesgericht hat nun schon unzählige Entscheide im Zusammenhang mit den gesetzgeberischen Zustell- und Rückzugsfiktionen publiziert. Die kantonale Praxis findet aber immer scheinbare Fallstricke, über die sie die Beschuldigten stolpern lassen will. Mich würde sehr interessieren, woran das liegt.