Geld waschende Diener des Rechts

Früher wurden Strafverteidiger als Diener des Rechts bezeichnet, womit ihrer Funktion derselbe Stellenwert zukam wie den Strafbehörden. Wir Strafverteidiger haben diese Zuschreibung nie anerkannt, was sich je länger je mehr als Fehler manifestiert. Wir sind selbstverständlich Diener des Rechts. Wir dienen ihm (indirekt), indem wir (direkt) ausschliesslich den subjektiven Interessen unserer Mandanten verpflichtet sind (Art. 128 StPO). Das war beispielsweise Liszt schon vor 120 Jahren bekannt (von Liszt, Vortrag über die Stellung der Verteidigung in Strafsachen, DJZ 1901, 179 ff.). Mit seinem Verständnis der Funktion, die m.E. auch Art. 128 StPO zugrunde liegt wäre folgendes Zitat des Bundesstrafgerichts (zitiert in BGer 1B_455/2022 vom 17.05.2023) kaum denkbar:

Die Vorinstanz hat die von der Beschwerdeführerin beantragte Freigabe von beschlagnahmten Vermögenswerten zur Deckung von Rechtsvertretungskosten mit der Begründung abgewiesen, dass der Verdacht bestehe, die fraglichen Vermögenswerte stammten aus deliktischer Herkunft. Würden die fraglichen Vermögenswerte zur Bezahlung von Anwaltskosten freigegeben, bestehe die Gefahr, dass der Einziehung unterliegende Vermögenswerte wieder in den Wirtschaftskreislauf gelangten und dadurch “gewaschen” würden (E. 4.1). 

Spannend zur selben Thematik – mit ein paar Besonderheiten – auch ein ebenfalls heute publizierter Entscheid des Bundesgerichts: BGer 6B_203/2022 vom 10.05.2023.