Grenzen des Akteneinsichtsrechts der Privatkläger

Das Akteneinsichtsrecht steht nach Art. 101 StPO den Parteien und damit auch den Privatklägern zu. Ihr Anspruch ist aber weder absolut noch unbegrenzt und hat im Rahmen der Verhältnismässigkeit private Geheimhaltungsinteressen zu respektieren (Art. 108 Abs. 1 lit. b StPO). Zu diesen Interessen zählen etwa das Steuergeheimnis und die Privatsphäre der beschuldigten Person (Art. 13 BV).

In diesem Sinne beschränkt das Bundesgericht die Akteneinsicht von Privatklägern in einem neuen Entscheid (BGer 1B_245/2015 vom 12.04.2016)wie folgt:

Wie sich aus den Akten ergibt, enthält der fragliche Auszug aus der Steuererklärung für 2011 aber auch noch eine Aufstellung der  übrigen vom Beschwerdeführer deklarierten Vermögensaktiven und Vermögenserträge. Die von ihm (gemäss seinem Eventualstandpunkt) verlangte Abdeckung der “Zahlen und Bezeichnungen” seiner deklarierten Steuerwerte, welche nichts mit den von ihm gehaltenen Aktien seiner Gesellschaft zu tun hätten, ist laut Vorinstanz nicht gerechtfertigt. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden: Im angefochtenen Entscheid wird nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb zur Verfolgung von Zivilansprüchen der Privatklägerinnen auch noch die Aufdeckung sämtlicher in der Steuererklärung für 2011 deklarierter Vermögenswerte und Vermögenserträge des Beschwerdeführers sachlich notwendig erschiene. Eine allfällige Ersatzforderung des Staates (Art. 71 StGB) könnte sich zwar auch gegen legal erworbenes Vermögen des Beschuldigten richten. Es genügt jedoch, wenn die  Strafbehörden Kenntnis von den einzelnen konkreten Vermögenswerten erhalten und die Privatklägerinnen, falls es ihnen denn angebracht erscheint, ein entsprechendes Beschlagnahmebegehren (Art. 71 Abs. 3 i.V.m. Art. 73 Abs. 1 lit. c StGB) stellen können. Dies setzt keine Vermögensausforschung durch die Privatklägerinnen aufgrund von detaillierten Fiskalunterlagen voraus. Die Aufdeckung sämtlicher deklarierter Steuerwerte erweist sich hier im Lichte des Steuergeheimnisses (Art. 39 StHG, Art. 110 DBG, § 108 StG/ZG) und der grundrechtlich geschützten Privatsphäre des Beschwerdeführers (Art. 13 BV) als unverhältnismässig. Insofern ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen (E. 6.4).

Der ausführlich und überzeugend begründete Entscheid ist wichtig für die Verteidigung, die oft (so geht es jedenfalls mir) nicht daran denkt, dass das Akteneinsichtsrecht der übrigen Beteiligten beschränkt werden kann. Die Strafbehörden werden das von sich aus nicht tun.