Zur Anfechtbarkeit von Entsiegelungsentscheiden

Ein Befragungsprotokoll, das von einer kantonalen PUK erstellt wurde, kann möglicherweise auch in einem Strafverfahren als Beweismittel verwendet werden. Gegen eine entsprechende Edition der Staatsanwaltschaft wehrte sich der Betroffene mit der Siegelung. Den Entsiegelungsentscheid hat er erfolglos ans Bundesgericht weitergezogen (BGer 1B_25/2023 vom 25.04.2023). Das Bundesgericht erwägt, es drohe kein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur und fasst die entsprechende Rechtsprechung wie folgt zusammen:

Regel:

Der alleinige Umstand, dass ein Beweismittel, dessen Verwertbarkeit der Beschwerdeführer bestreitet, in den Akten bleibt, stellt grundsätzlich keinen Nachteil rechtlicher Natur dar, da der Beschwerdeführer seinen Einwand bis zum Abschluss des Strafverfahrens erneut vorbringen kann (E. 2.1).

Ausnahmen:

Eine solche liegt insbesondere vor, wenn das Gesetz ausdrücklich die sofortige Rückgabe aus den Akten bzw. Vernichtung rechtswidriger Beweise vorsieht.

Ebenso verhält es sich, wenn aufgrund des Gesetzes oder der Umstände des Einzelfalles die Rechtswidrigkeit des Beweismittels ohne Weiteres feststeht. Derartige Umstände können nur angenommen werden, wenn der Betroffene ein besonders gewichtiges rechtlich geschütztes Interesse an der unverzüglichen Feststellung der Unverwertbarkeit des Beweises geltend macht (BGE 143 IV 387 E. 4.4 mit Hinweisen; 141 IV 289 E. 1.3 mit Hinweis). 

Wird im Entsiegelungsverfahren (Art. 248 StPO) ausreichend substanziiert geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann (BGE 143 IV 462 E. 1). 

Soweit so gut. Das Bundesgericht hätte m.E. aber eintreten müssen, denn der Beschwerdeführer hat den erforderlichen Nachteil überzeugend und im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung begründet:

Erstens habe die Staatsanwaltschaft dessen Herausgabe fälschlicherweise gestützt auf Art. 265 StPO verlangt und den Kantonsrat bzw. das Kantonsratssekretariat nicht wie in Art. 194 Abs. 2 StPO vorgesehen rechtshilfeweise um die Aushändigung des Protokolls ersucht. Zweitens sei die Unverwertbarkeit des Protokolls als Beweismittel im Strafverfahren im Sinne von Art. 141 StPO offensichtlich, weil die von der PUK einvernommene Person nicht über ihr umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht gemäss Art. 180 Abs. 1 StPO belehrt worden und nicht im Sinne von Art. 320 Ziff. 2 sowie Art. 321 Ziff. 2 StGB vom Amts- bzw. Berufsgeheimnis entbunden worden sei (E. 2.2).  

Das Bundesgericht hört ihn dennoch nicht und verneint ein “besonders gewichtiges Interesse” und verweist auf das Hauptverfahren, zu dem es vielleicht gar nie kommen wird:

Falls es zur Anklage kommen wird, wird der Beschwerdeführer die Frage der Verwertbarkeit des Protokolls der von der PUK durchgeführten Einvernahme dem Sachgericht unterbreiten können. Alleine weil er sich während des Untersuchungsverfahrens auf Nichtverwertbarkeitsgründe beruft, droht ihm kein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (E. 2.5).