Qualifiziert fehlerhafte Rechtsanwendung

Das Bundesgericht wirft dem Kantonsgericht LU eine “qualifiziert fehlerhafte Rechtsanwendung” einer kantonalen Bestimmung zum Anspruch auf Parteientschädigung im Rechtsmittelverfahren vor (BGer 7B_795/2023 vom 22.01.2024). M.E. ist bereits die kantonale Norm konventionswidrig. Das Bundesgericht ist zurückhaltender, verlangt aber immerhin eine enge Auslegung von § 201 VRG/LU.

Das Bundesgericht hat bereits mehrfach Kritik an dieser Regelung geäussert, deren Bundesrechtskonformität aber jeweils bejaht. § 201 Abs. 2 VRG/LU ist aber grundsätzlich eng auszulegen (vgl. Urteile 5A_366/2022 vom 7. November 2022 E. 2.2.1; 1D_4/2020 vom 29. April 2021 E. 4.1; 8C_109/2019 vom 25. September 2019 E. 2.1; je mit Hinweisen) [E. 2.1]. 

Die fragliche Bestimmung lautet wie folgt:

Wenn der Vorinstanz grobe Verfahrensfehler oder offenbare Rechtsverletzungen zur Last fallen, wird der obsiegenden Partei zu Lasten des Gemeinwesens, dem die Vorinstanz angehört, eine angemessene Vergütung für ihre Vertretungskosten zugesprochen.

E contrario besteht im Kanton Luzern dann wohl kein Anspruch auf Parteientschädigung, wenn im Rechtsmittelverfahren keine Parteien mit gegensätzlichen Interessen beteiligt sind (§ 201 Abs. 1 VRG/LU).

Das war im vorliegenden Fall, wo es immerhin um die jährliche Überprüfung der Voraussetzungen der bedingten Entlassung eines Verwahrten ging, aber offensichtlich nicht der Fall. Deshalb war es für das Bundesgericht einfach:

Infolgedessen ist der Vorinstanz eine qualifiziert fehlerhafte Rechtsanwendung von § 201 VRG/LU vorzuwerfen, wenn sie eine “offenbare Rechtsverletzung” im Sinne von Abs. 2 dieser – gemäss Bundesgericht eng auszulegenden – Bestimmung durch die Erstinstanz verneint. Sie hätte ihm gestützt auf diese Norm eine Parteienschädigung für das Beschwerdeverfahren zusprechen müssen (E. 2.6).

Damit stellt sich die Frage, wann eine Rechtsanwendung qualifiziert fehlerhaft ist. Bei Absicht?